Mini-Solaranlage am Balkon erlaubt?
19.03.2023, Autor: Herr Norbert Monschau / Lesedauer ca. 4 Min. (169 mal gelesen)
Die Wohnungseigentümer haben keinen Anspruch auf die Genehmigung einer Mini-Solaranlage am Balkon (AG Konstanz v. 09.02.2023 - 4 C 425/22).
Der Sachverhalt: Die Anlage besteht aus über 30 Wohnungen. Die beiden Eigentümerinnen einer Wohnung vermieteten diese an ihren Sohn bzw. Enkel. Dieser montierte mit ihrer Zustimmung, jedoch ohne Zustimmung der übrigen Eigentümer, an der Außenseite des Balkons eine Mini-Solaranlage, ein sog. „Balkonkraftwerk“ Das Modul hatte eine Fläche von 168 cm x 100 cm und war an einen Wechselrichter angeschlossen. In der Eigentümerversammlung vom 4.10.22 beschloss die Gemeinschaft mehrheitlich: „Der Verwalter wird ermächtigt und beauftragt, alle rechtlichen Mittel gegen die rechtswidrigen baulichen Veränderungen (Aufhängen von Sonnenkollektoren an Balkonbrüstungen) durch die Eigentümer X und Y/Z zu ergreifen.“ Ferner wurde mehrheitlich gegen die Genehmigung des Balkonkraftwerks der beiden Eigentümerinnen gestimmt. Diese fochten die Beschlüsse an.
Die Entscheidung des Gerichts: Die Klage hatte keinen Erfolg. Der angefochtene Negativbeschluss verstoße weder gegen die ordnungsmäßige Verwaltung (§§ 19 Abs. 1, 18 Abs. 2 WEG) noch sonst gegen Gesetze. Es bestehe kein Anspruch auf Genehmigung des Balkonkraftwerks. § 20 Abs. 1 WEG enthalte eine sog. Bausperre für bauliche Veränderungen ohne Zustimmung der Eigentümer. Eine solche Veränderung stelle die Montage einer Photovoltaikanlage dar. Ein Eingriff in die Substanz sei hierzu nicht erforderlich. Die Anlage sei daher illegal angebracht worden.
Es bestehe auch keine Ermessensreduzierung auf Null, d. h., die Zustimmung zu der Anlage sei nicht die einzig vertretbare Möglichkeit: Bei der nachfolgenden Prüfung komme es nicht auf den Maßstab von § 20 Abs. 4 WEG an, d. h. es bleibe irrelevant, dass die Wohnanlage (nicht) grundlegend umgestaltet werde oder einzelne Wohnungseigentümer gegenüber anderen (nicht) unbillig benachteiligt werden. § 20 Abs. 4 WEG solle nicht dem veränderungswilligen Eigentümer unterstützen, sondern stelle im Gegenteil eine Veränderungssperre dar, wann eine bauliche Umgestaltung keinesfalls erfolgen dürfe.
Auch aus § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WEG könne nicht hergeleitet werden, dass über die privilegierten Wall-Boxen hinaus eine Photovoltaikanlage außen am Balkon angebracht werden dürfe. Laut der Gesetzesbegründung solle alles bezogen auf das Aufladen eines Fahrzeugs ermöglicht werden. Bedenke man, dass ein solches Photovoltaikmodul einen mindest ebenso großen Eingriff darstelle, dann wäre dies gesondert ausgeführt worden. Eine solche Solaranlage sei daher nicht ein Annex zur privilegierten E-Mobilität. Auch könne keine analoge Anwendung erfolgen. Eine planwidrige Gesetzeslücke sei nicht erkennbar. Für den Gesetzgeber wäre es möglich gewesen, in § 20 WEG einen eigenen Absatz „Klimaschutz“ als allgemein privilegiert aufzunehmen oder den § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG um konkrete weitere Vorhaben ergänzen können, die der Bekämpfung des Klimawandels dienen.
Auch der Verweis auf das Grundgesetz verfange nicht. Ein grundrechtlicher Anspruch auf eine bauliche Veränderung wie er nach altem Recht bejaht wurde, sei nicht ersichtlich. Die Modernisierungsregelung für Mietwohnungen des § 555b BGB sei schon deshalb nicht anwendbar, weil es der Mieter selbst und nicht die Vermieterinnen gewesen seien, der das Balkonkraftwerk (mit Zustimmung der Vermieterinnen) habe installieren lassen. Nun eine Analogie aus dieser Vorschrift für das Wohnungseigentum herzuleiten, scheitere auch daran, dass die entsprechende Öffnungsvorschrift nach § 22 Abs. 2 WEG a.F. nach der Gesetzesreform nicht mehr existiere. Auch hier bestehe keine Regelungslücke. Es sei eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers, die komplizierte alte Regelung des § 22 WEG mit seinen verschiedenen Mehrheiten und Abgrenzungsschwierigkeiten zu vereinfachen. Schließlich sei bei der Anwendung von § 555b Nr. 1 BGB problematisch, dass die Endenergie entgegen dem Gesetzeswortlaut nicht konkret für die betroffene Wohnung eingespart werde, da hier der Strom in das Stromnetz des Hauses eingespeist werde.
Schließlich könne auch aus § 20 Abs. 3 WEG keine Ermessensreduzierung auf Null hinsichtlich der Genehmigung eines Balkonkraftwerks hergeleitet werden. Insoweit gelte die alte Rechtsprechung zu §§ 22 Abs. 1, 14 Nr. 1 WEG a.F. unverändert fort. Hiernach sei ein Nachteil jede konkrete, objektiv nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung, von der sich ein Eigentümer beeinträchtig fühlen dürfe und abzugrenzen von rein subjektiven Befindlichkeiten und belanglosen oder neutralen Veränderungen. Eine der Hauptgruppen, die von der Rechtsprechung entwickelt worden sei, sei hierbei die Änderung des optischen Eindrucks. Inzwischen habe sich die Rechtsprechung dahingehend verfestigt, dass Änderungen am optischen oder ästhetischen Eindruck dann nachteilig seien, wenn sich ein Wohnungseigentümer nach der Verkehrsanschauung durch einen Vergleich Vorher - Nachher verständlicherweise beeinträchtigt fühlen könne. Abzustellen sei auf eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung, nicht auf eine optische Veränderung des Gesamteindrucks. Nicht unerheblich sei eine Beeinträchtigung jedoch schon dann, wenn sie beim Blick dorthin, wo sie vorgenommen wurde, nachvollziehbar optisch störe. Voraussetzung sei stets, dass die Änderung generell von außen sichtbar sei. Auch sei die Schwelle für die Annahme einer Beeinträchtigung eher niedrig anzusetzen. Eine deutlich sichtbare Änderung der Optik sei daher stets nachteilig, unabhängig von der Verkehrsanschauung, dem Zeitgeschmack und insbesondere der Mehrheitsmeinung der Wohnungseigentümer. Nach diesem Maßstab sei das hier streitgegenständliche schwarzen Paneel als Nachteil einzustufen. Seine Wahrnehmbarkeit sei erheblich. Dies ergebe die Beweisaufnahme durch in Augenscheinnahme. Das Modul sei für die Balkonnachbarn ein erheblich wahrnehmbares optisches Element.
Unser Praxishinweis: Bei der Frage, ob ein Wohnungseigentümer gegen die Gemeinschaft einen Anspruch auf Beschlussfassung zur Anbringung einer Photovoltaikanlage auf dem Balkon hat, ist zu prüfen, ob die Maßnahme zu einer nicht unerheblichen Beeinträchtigung führt, die über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht. Das bestimmt sich nach den Einzelfallumständen. Rechtsprechung speziell zur Änderung der Eigenart der Anlage bei Sonnenkollektoren etc. gibt es bisher noch nicht. Die Literatur tendiert dazu, bei solchen Einrichtungen eine Änderung der Eigenart der Anlage zu bejahen (Bärmann/Merle WEG § 22 Rn. 353 b). Bis zu einer Klärung dieser Frage durch den BGH sollte eine Vereinbarung aller Wohnungseigentümer angestrebt werden, um Risiken zu vermeiden.
Der Sachverhalt: Die Anlage besteht aus über 30 Wohnungen. Die beiden Eigentümerinnen einer Wohnung vermieteten diese an ihren Sohn bzw. Enkel. Dieser montierte mit ihrer Zustimmung, jedoch ohne Zustimmung der übrigen Eigentümer, an der Außenseite des Balkons eine Mini-Solaranlage, ein sog. „Balkonkraftwerk“ Das Modul hatte eine Fläche von 168 cm x 100 cm und war an einen Wechselrichter angeschlossen. In der Eigentümerversammlung vom 4.10.22 beschloss die Gemeinschaft mehrheitlich: „Der Verwalter wird ermächtigt und beauftragt, alle rechtlichen Mittel gegen die rechtswidrigen baulichen Veränderungen (Aufhängen von Sonnenkollektoren an Balkonbrüstungen) durch die Eigentümer X und Y/Z zu ergreifen.“ Ferner wurde mehrheitlich gegen die Genehmigung des Balkonkraftwerks der beiden Eigentümerinnen gestimmt. Diese fochten die Beschlüsse an.
Die Entscheidung des Gerichts: Die Klage hatte keinen Erfolg. Der angefochtene Negativbeschluss verstoße weder gegen die ordnungsmäßige Verwaltung (§§ 19 Abs. 1, 18 Abs. 2 WEG) noch sonst gegen Gesetze. Es bestehe kein Anspruch auf Genehmigung des Balkonkraftwerks. § 20 Abs. 1 WEG enthalte eine sog. Bausperre für bauliche Veränderungen ohne Zustimmung der Eigentümer. Eine solche Veränderung stelle die Montage einer Photovoltaikanlage dar. Ein Eingriff in die Substanz sei hierzu nicht erforderlich. Die Anlage sei daher illegal angebracht worden.
Es bestehe auch keine Ermessensreduzierung auf Null, d. h., die Zustimmung zu der Anlage sei nicht die einzig vertretbare Möglichkeit: Bei der nachfolgenden Prüfung komme es nicht auf den Maßstab von § 20 Abs. 4 WEG an, d. h. es bleibe irrelevant, dass die Wohnanlage (nicht) grundlegend umgestaltet werde oder einzelne Wohnungseigentümer gegenüber anderen (nicht) unbillig benachteiligt werden. § 20 Abs. 4 WEG solle nicht dem veränderungswilligen Eigentümer unterstützen, sondern stelle im Gegenteil eine Veränderungssperre dar, wann eine bauliche Umgestaltung keinesfalls erfolgen dürfe.
Auch aus § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WEG könne nicht hergeleitet werden, dass über die privilegierten Wall-Boxen hinaus eine Photovoltaikanlage außen am Balkon angebracht werden dürfe. Laut der Gesetzesbegründung solle alles bezogen auf das Aufladen eines Fahrzeugs ermöglicht werden. Bedenke man, dass ein solches Photovoltaikmodul einen mindest ebenso großen Eingriff darstelle, dann wäre dies gesondert ausgeführt worden. Eine solche Solaranlage sei daher nicht ein Annex zur privilegierten E-Mobilität. Auch könne keine analoge Anwendung erfolgen. Eine planwidrige Gesetzeslücke sei nicht erkennbar. Für den Gesetzgeber wäre es möglich gewesen, in § 20 WEG einen eigenen Absatz „Klimaschutz“ als allgemein privilegiert aufzunehmen oder den § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG um konkrete weitere Vorhaben ergänzen können, die der Bekämpfung des Klimawandels dienen.
Auch der Verweis auf das Grundgesetz verfange nicht. Ein grundrechtlicher Anspruch auf eine bauliche Veränderung wie er nach altem Recht bejaht wurde, sei nicht ersichtlich. Die Modernisierungsregelung für Mietwohnungen des § 555b BGB sei schon deshalb nicht anwendbar, weil es der Mieter selbst und nicht die Vermieterinnen gewesen seien, der das Balkonkraftwerk (mit Zustimmung der Vermieterinnen) habe installieren lassen. Nun eine Analogie aus dieser Vorschrift für das Wohnungseigentum herzuleiten, scheitere auch daran, dass die entsprechende Öffnungsvorschrift nach § 22 Abs. 2 WEG a.F. nach der Gesetzesreform nicht mehr existiere. Auch hier bestehe keine Regelungslücke. Es sei eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers, die komplizierte alte Regelung des § 22 WEG mit seinen verschiedenen Mehrheiten und Abgrenzungsschwierigkeiten zu vereinfachen. Schließlich sei bei der Anwendung von § 555b Nr. 1 BGB problematisch, dass die Endenergie entgegen dem Gesetzeswortlaut nicht konkret für die betroffene Wohnung eingespart werde, da hier der Strom in das Stromnetz des Hauses eingespeist werde.
Schließlich könne auch aus § 20 Abs. 3 WEG keine Ermessensreduzierung auf Null hinsichtlich der Genehmigung eines Balkonkraftwerks hergeleitet werden. Insoweit gelte die alte Rechtsprechung zu §§ 22 Abs. 1, 14 Nr. 1 WEG a.F. unverändert fort. Hiernach sei ein Nachteil jede konkrete, objektiv nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung, von der sich ein Eigentümer beeinträchtig fühlen dürfe und abzugrenzen von rein subjektiven Befindlichkeiten und belanglosen oder neutralen Veränderungen. Eine der Hauptgruppen, die von der Rechtsprechung entwickelt worden sei, sei hierbei die Änderung des optischen Eindrucks. Inzwischen habe sich die Rechtsprechung dahingehend verfestigt, dass Änderungen am optischen oder ästhetischen Eindruck dann nachteilig seien, wenn sich ein Wohnungseigentümer nach der Verkehrsanschauung durch einen Vergleich Vorher - Nachher verständlicherweise beeinträchtigt fühlen könne. Abzustellen sei auf eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung, nicht auf eine optische Veränderung des Gesamteindrucks. Nicht unerheblich sei eine Beeinträchtigung jedoch schon dann, wenn sie beim Blick dorthin, wo sie vorgenommen wurde, nachvollziehbar optisch störe. Voraussetzung sei stets, dass die Änderung generell von außen sichtbar sei. Auch sei die Schwelle für die Annahme einer Beeinträchtigung eher niedrig anzusetzen. Eine deutlich sichtbare Änderung der Optik sei daher stets nachteilig, unabhängig von der Verkehrsanschauung, dem Zeitgeschmack und insbesondere der Mehrheitsmeinung der Wohnungseigentümer. Nach diesem Maßstab sei das hier streitgegenständliche schwarzen Paneel als Nachteil einzustufen. Seine Wahrnehmbarkeit sei erheblich. Dies ergebe die Beweisaufnahme durch in Augenscheinnahme. Das Modul sei für die Balkonnachbarn ein erheblich wahrnehmbares optisches Element.
Unser Praxishinweis: Bei der Frage, ob ein Wohnungseigentümer gegen die Gemeinschaft einen Anspruch auf Beschlussfassung zur Anbringung einer Photovoltaikanlage auf dem Balkon hat, ist zu prüfen, ob die Maßnahme zu einer nicht unerheblichen Beeinträchtigung führt, die über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht. Das bestimmt sich nach den Einzelfallumständen. Rechtsprechung speziell zur Änderung der Eigenart der Anlage bei Sonnenkollektoren etc. gibt es bisher noch nicht. Die Literatur tendiert dazu, bei solchen Einrichtungen eine Änderung der Eigenart der Anlage zu bejahen (Bärmann/Merle WEG § 22 Rn. 353 b). Bis zu einer Klärung dieser Frage durch den BGH sollte eine Vereinbarung aller Wohnungseigentümer angestrebt werden, um Risiken zu vermeiden.