Immobilie und Unterhalt: Tilgungsleistungen eines Immobiliendarlehens können beim Kindesunterhalt berücksichtigt werden

12.06.2022, Autor: Herr Norbert Monschau / Lesedauer ca. 2 Min. (701 mal gelesen)
Wohnvorteil entscheidend: Tilgungsleistungen eines Immobiliendarlehens können beim Kindesunterhalt berücksichtigt werden

Wohnt ein Unterhaltspflichtiger in einem Eigenheim und behauptet dann, ihm bliebe nicht genug, um den geschuldeten Kindesunterhalt zu leisten, mag man instinktiv zuerst sehr skeptisch sein.
Doch so einfach, wie es auf den ersten Blick ausschaut, ist die Sache nicht. Denn hier spielen in den Augen des Bundesgerichtshofs (BGH) sowohl der Mietwert der Immobilie als auch diesbezügliche Kreditbelastungen eine Rolle.

Der Fall: Ein Vater zahlte für seine 13 und 15 Jahre alten Kinder aus geschiedener Ehe keinen Unterhalt, weil er sich diesen angeblich nicht leisten könne. Also sprang die Unterhaltsvorschusskasse beim Jugendamt ein und verlangte die Beträge vom Vater nun ersetzt. Der Vater verdiente bereinigt 1.664 € netto und hatte sich eine kleine Immobilie zum Selbstbewohnen bankfinanziert gekauft. Der Mietwert lag um 27,50 € höher als die Raten an die Bank. Insgesamt konnte der Vater sich damit unter Beachtung seines Selbstbehalts von 1.160 € nicht den Mindestunterhalt leisten, sondern nur 252 € je Kind (so das Familiengericht). Die Unterhaltsvorschusskasse widersprach, da von den Darlehensraten nur der Zins, nicht aber die Tilgung abziehbar sei, und verlangte mehr. Das daraufhin eingeschaltete Oberlandesgericht verglich die Konstellation mit der Situation, in der der Vater zur Miete wohnen würde. Nach dieser Rechnung würde noch weniger für die Kinder zur Verfügung stehen - nämlich nicht die Differenz aus Wohnwert (350 €) und Darlehen (322,50 €).

Die Entscheidung des BGH: Den Gedanken trug auch der BGH (Urt. v. 09.03.2022 - XII ZB 233/21) mit. Zwar handele es sich bei der Tilgung des Immobilienkredits um eine Vermögensbildung - und diese sei zu Lasten eines Mindestunterhalts Minderjähriger eigentlich nicht gestattet. Aber in diesem Fall gehe dies nicht "zu Lasten" des Unterhaltsberechtigten, weil es ohne Zins und Tilgung den zu seinen Gunsten berücksichtigten Wohnvorteil in Form einer ersparten Miete gar nicht gäbe.

Unser Praxishinweis: Der Fall wäre anders zu beurteilen, wenn die Darlehensraten höher als die ersparte Miete wären. Das wird beim Mindestkindesunterhalt sehr kritisch gesehen, so dass zu prüfen ist, ob eine ungewöhnlich hohe Tilgung vereinbart wurde. Lassen Sie sich rechtzeitig fachanwaltlich beraten, um Ihre Position zu stärken. 

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