Wer erhält die "Ehewohnung"?

07.07.2022, Autor: Herr Norbert Monschau / Lesedauer ca. 2 Min. (114 mal gelesen)
Wenn Eheleute sich trennen, geht es häufig um die Frage, wer in der Wohnung oder dem Haus bleiben darf. Wer Eigentümer oder Mieter ist, spielt bei der Beurteilung dieser Frage eher eine Nebenrolle. Denn die Familiengerichte weisen eine sogenannte "Ehewohnung" (Wohnung oder Haus) nach Billigkeitskriterien zu.

So war es auch im folgenden Fall des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main (OLG, Beschl. v. 18.05.2022 - 6 UF 42/22).

Der Sachverhalt: Die Eheleute waren bereits geschieden und teilten sich die Nutzung der 130 m2 großen Wohnung, die beiden jeweils zur Hälfte gehörte. Die Besonderheit war, dass beide bereits querschnittsgelähmt waren, als sie heirateten, und sich die Wohnung entsprechend behindertengerecht eingerichtet hatten. Keiner der geschiedenen Eheleute wollte freiwillig ausziehen. Daher mussten die Gerichte entscheiden.

Die Gerichtsentscheidung: Sowohl das Amtsgericht als auch das OLG entschieden, dass die Frau ausziehen müsse. Das OLG gab ihr dafür auch nur noch ein halbes Jahr Zeit. Für die Zuweisung an den Mann sprach letztlich, dass es sich um sein Elternhaus gehandelt hatte und er dort schon vor dem Einzug der Frau gewohnt hatte. Darüber hinaus sei er an diesem Ort verwurzelt und sein Bruder wohne ebenfalls im Haus. Zu berücksichtigen sei auch, dass er eine in seiner Nähe wohnende Lebensgefährtin habe. Trotz seiner besseren wirtschaftlichen Verhältnisse sei er damit stärker auf die Nutzung der Ehewohnung angewiesen als die Frau, die insbesondere nicht über vergleichbar intensive Bindungen im Ort verfüge.

Unser Praxishinweis: Die Entscheidung zeigt, dass es im Einzelfall auf Details ankommt und man gut beraten ist, sämtliche Argumente ausführlich und überzeugend darzulegen. Nicht entscheidend war für die Richter vorliegend, dass auch die Frau in die Wohnung Geld investiert hatte.

Beachten Sie: Mit der Zuweisung der Ehewohnung ist die Miteigentumsgemeinschaft keineswegs aufgelöst. Hierüber entscheidet das Familiengericht nicht. Gibt es keine Einigung, kommt eine Teilungsversteigerung in Betracht. Bis dahin wird der Mann Nutzungsentschädigung zahlen müssen. Lassen Sie sich rechtzeitig beraten und entwickeln Sie eine Strategie, um ihre Ziele zu erreichen.

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