Darlehen - Nichtabnahmeentschädigung: Ja oder nein?
16.09.2020, Autor: Herr Martin Heinzelmann / Lesedauer ca. 3 Min. (639 mal gelesen)
Die Nichtabnahmeentschädigung bei Darlehensverträgen
Schließt man mit einem Kreditinstitut einen Darlehensvertrag ab und nimmt das Darlehen anschließend nicht in Anspruch, so kann gegebenenfalls ein Anspruch des Kreditinstituts auf Zahlung einer sogenannten Nichtabnahmeentschädigung gegeben sein
Die Nichtabnahmeentschädigung bei Darlehensverträgen
Schließt man mit einem Kreditinstitut einen Darlehensvertrag ab und nimmt das Darlehen anschließend nicht in Anspruch, so kann gegebenenfalls ein Anspruch des Kreditinstituts auf Zahlung einer sogenannten Nichtabnahmeentschädigung gegeben sein.
Was ist eine Nichtabnahmeentschädigung?
Bei der sogenannten Nichtabnahmeentschädigung handelt es sich um einen Schadensersatzanspruch des Kreditinstituts gegenüber dem Kreditnehmer wegen Nichterfüllung. Dieser Anspruch steht der Bank dann zu, wenn bereits eine vertragliche Beziehung zwischen Kreditinstitut und Kreditnehmer aufgrund des wirksamen Abschlusses eines Kreditvertrags zu Stande gekommen ist und sich der Kreditnehmer dennoch dazu entschließt, den bereitgestellten Kredit nicht in Anspruch zu nehmen.
Der Anspruch des Kreditinstituts kann sich hierbei bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen aus §§ 281, 280 Abs. 3, 488 BGB in Form von Schadensersatz statt der Leistung ergeben.
Dieser ist dadurch begründet, dass der Darlehensnehmer die Erfüllung seiner vertraglichen Pflicht zur Abnahme des Darlehens vor Fälligkeit ernsthaft und endgültig verweigert (vgl. BGH, Urt. v. 7.11.2000 - XI ZR 27/00).
LG Köln: § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht entsprechend anwendbar
Einen interessanten Fall hierzu hatte das LG Köln in seinem Urteil vom 27.02. 2020 (15 O 379/19) zu entscheiden:
Der Kläger schloss mit der Beklagten, einem Kreditinstitut ein sogenanntes Forward-Darlehen ab. Diese sollte im Jahr 2021 in Anspruch genommen werden. Zwischenzeitlich veräußerte der Kläger jedoch die Immobilie, für die das Darlehen gedacht war und entschied sich deshalb, den Kredit nicht in Anspruch zu nehmen. Die Beklagte berechnete dem Kläger daraufhin auf einem internen Konto eine Nichtabnahmeentschädigung von etwa 16.000 €.
Der Kläger war der Ansicht, eine solche Entschädigung können nicht verlangt werden, da die Beklagte ihn nicht ordnungsgemäß über dass ihm zustehende Kündigungsrecht aufgeklärt habe. Daher könne nach § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB die Entschädigung nicht verlangt werden.
Die hiermit begründete Klage wurde jedoch durch das LG Köln abgewiesen.
Das LG Köln begründete diese Entscheidung damit, dass der Bank die Nichtabnahmeentschädigung als Schadensersatz statt der Leistung nach §§ 281, 280 Abs. 3, 488 BGB zustehe.
Diese sei insbesondere nicht nach § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB ausgeschlossen. Diese Vorschrift regle lediglich, wann der Anspruch des Kreditinstituts auf Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung ausgeschlossen sei (werden hier unzureichende Angaben zur Vertragslaufzeit, dem Kündigungsrecht oder der Berechnungsgrundlagen der Vorfälligkeitsentschädigung getroffen, ist der Anspruch des Kreditinstituts auf Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung ausgeschlossen).
Diese Vorschrift sei weder direkt, noch entsprechend auf die Nichtabnahmeentschädigung anwendbar. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut der Norm und auch Art. 16 der Verbraucherkreditrichtlinie Stütze diese Ansicht. Dort sei von einer Rückzahlung der Darlehensvaluta die Rede, was bei einer Nichtinanspruchnahme des Darlehens eben gerade nicht vorliege. Da es an einer Auszahlung des Kredits in diesen Fällen wähle, käme eine entsprechende Anwendung des § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht in Betracht.
Entscheidung stark kritisiert
Die Entscheidung des LG Köln stößt in der Literatur auch starke Kritik.
Die Kritiker begründen dies damit, dass die Entscheidung gerade unter Heranziehung des § 494 BGB nicht Aufrecht erhalten werden können.
Auch bei der Nichtabnahmeentschädigung handle es sich um einen entgangen Gewinnen, der individualvertraglich vereinbart werden müsse. Nach der Regelung des § 494 Abs.4 BGB müsse der Darlehensnehmer bei Verbraucherdarlehen über sämtliche Kosten des Vertrags vollumfänglich informiert werden, andernfalls müsse er diese auch nicht bezahlen. Zu welchem Zeitpunkt diese Kosten entstünden, sei unerheblich. Zudem stehe dem Verbraucher ein jederzeitiges Kündigungsrecht des Vertrags nach eben dieser Vorschrift zu.
Auswirkungen auf die Praxis:
Trotz der Entscheidung des LG Köln bleibt dieser Themenbereich stark umstritten. In jedem Fall lohnt sich im Fall einer geltend gemachten Nichtabnahmeentschädigung durch das Kreditinstitut eine anwaltliche Überprüfung des Falles. Gerade unter dem Gesichtspunkt der umfangreichen Aufklärungspflichten bei Verbraucherkrediten bestehen gute Chancen des Kreditnehmers, einer Nichtabnahmeentschädigung zu umgehen.
Rechtsanwalt Dr. Martin Heinzelmann, LL.M. (Kanzlei MPH Legal Services), Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, vertritt Ihre Interessen bundesweit.
Schließt man mit einem Kreditinstitut einen Darlehensvertrag ab und nimmt das Darlehen anschließend nicht in Anspruch, so kann gegebenenfalls ein Anspruch des Kreditinstituts auf Zahlung einer sogenannten Nichtabnahmeentschädigung gegeben sein
Die Nichtabnahmeentschädigung bei Darlehensverträgen
Schließt man mit einem Kreditinstitut einen Darlehensvertrag ab und nimmt das Darlehen anschließend nicht in Anspruch, so kann gegebenenfalls ein Anspruch des Kreditinstituts auf Zahlung einer sogenannten Nichtabnahmeentschädigung gegeben sein.
Was ist eine Nichtabnahmeentschädigung?
Bei der sogenannten Nichtabnahmeentschädigung handelt es sich um einen Schadensersatzanspruch des Kreditinstituts gegenüber dem Kreditnehmer wegen Nichterfüllung. Dieser Anspruch steht der Bank dann zu, wenn bereits eine vertragliche Beziehung zwischen Kreditinstitut und Kreditnehmer aufgrund des wirksamen Abschlusses eines Kreditvertrags zu Stande gekommen ist und sich der Kreditnehmer dennoch dazu entschließt, den bereitgestellten Kredit nicht in Anspruch zu nehmen.
Der Anspruch des Kreditinstituts kann sich hierbei bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen aus §§ 281, 280 Abs. 3, 488 BGB in Form von Schadensersatz statt der Leistung ergeben.
Dieser ist dadurch begründet, dass der Darlehensnehmer die Erfüllung seiner vertraglichen Pflicht zur Abnahme des Darlehens vor Fälligkeit ernsthaft und endgültig verweigert (vgl. BGH, Urt. v. 7.11.2000 - XI ZR 27/00).
LG Köln: § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht entsprechend anwendbar
Einen interessanten Fall hierzu hatte das LG Köln in seinem Urteil vom 27.02. 2020 (15 O 379/19) zu entscheiden:
Der Kläger schloss mit der Beklagten, einem Kreditinstitut ein sogenanntes Forward-Darlehen ab. Diese sollte im Jahr 2021 in Anspruch genommen werden. Zwischenzeitlich veräußerte der Kläger jedoch die Immobilie, für die das Darlehen gedacht war und entschied sich deshalb, den Kredit nicht in Anspruch zu nehmen. Die Beklagte berechnete dem Kläger daraufhin auf einem internen Konto eine Nichtabnahmeentschädigung von etwa 16.000 €.
Der Kläger war der Ansicht, eine solche Entschädigung können nicht verlangt werden, da die Beklagte ihn nicht ordnungsgemäß über dass ihm zustehende Kündigungsrecht aufgeklärt habe. Daher könne nach § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB die Entschädigung nicht verlangt werden.
Die hiermit begründete Klage wurde jedoch durch das LG Köln abgewiesen.
Das LG Köln begründete diese Entscheidung damit, dass der Bank die Nichtabnahmeentschädigung als Schadensersatz statt der Leistung nach §§ 281, 280 Abs. 3, 488 BGB zustehe.
Diese sei insbesondere nicht nach § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB ausgeschlossen. Diese Vorschrift regle lediglich, wann der Anspruch des Kreditinstituts auf Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung ausgeschlossen sei (werden hier unzureichende Angaben zur Vertragslaufzeit, dem Kündigungsrecht oder der Berechnungsgrundlagen der Vorfälligkeitsentschädigung getroffen, ist der Anspruch des Kreditinstituts auf Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung ausgeschlossen).
Diese Vorschrift sei weder direkt, noch entsprechend auf die Nichtabnahmeentschädigung anwendbar. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut der Norm und auch Art. 16 der Verbraucherkreditrichtlinie Stütze diese Ansicht. Dort sei von einer Rückzahlung der Darlehensvaluta die Rede, was bei einer Nichtinanspruchnahme des Darlehens eben gerade nicht vorliege. Da es an einer Auszahlung des Kredits in diesen Fällen wähle, käme eine entsprechende Anwendung des § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht in Betracht.
Entscheidung stark kritisiert
Die Entscheidung des LG Köln stößt in der Literatur auch starke Kritik.
Die Kritiker begründen dies damit, dass die Entscheidung gerade unter Heranziehung des § 494 BGB nicht Aufrecht erhalten werden können.
Auch bei der Nichtabnahmeentschädigung handle es sich um einen entgangen Gewinnen, der individualvertraglich vereinbart werden müsse. Nach der Regelung des § 494 Abs.4 BGB müsse der Darlehensnehmer bei Verbraucherdarlehen über sämtliche Kosten des Vertrags vollumfänglich informiert werden, andernfalls müsse er diese auch nicht bezahlen. Zu welchem Zeitpunkt diese Kosten entstünden, sei unerheblich. Zudem stehe dem Verbraucher ein jederzeitiges Kündigungsrecht des Vertrags nach eben dieser Vorschrift zu.
Auswirkungen auf die Praxis:
Trotz der Entscheidung des LG Köln bleibt dieser Themenbereich stark umstritten. In jedem Fall lohnt sich im Fall einer geltend gemachten Nichtabnahmeentschädigung durch das Kreditinstitut eine anwaltliche Überprüfung des Falles. Gerade unter dem Gesichtspunkt der umfangreichen Aufklärungspflichten bei Verbraucherkrediten bestehen gute Chancen des Kreditnehmers, einer Nichtabnahmeentschädigung zu umgehen.
Rechtsanwalt Dr. Martin Heinzelmann, LL.M. (Kanzlei MPH Legal Services), Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, vertritt Ihre Interessen bundesweit.