BGH hebt Freispruch eines Proberichters auf

02.06.2012, Autor: Herr Guido Lenné / Lesedauer ca. 2 Min. (1771 mal gelesen)
Auch durch Richter kann ein Angeklagter fragwürdig, wenn nicht gar strafrechtlich relevant, behandelt werden. Wenden Sie sich daher sobald Sie von Ihrer Beschuldigteneigenschaft erfahren an einen Strafverteidiger. Dieser kann Sie im Strafverfahren begleiten und sofort nötige Schritte einleiten.

Der Angeklagte, ein Richter auf Probe, wurde durch das Landgericht Kassel vom Vorwurf der Rechtsbeugung in Tateinheit mit Aussageerpressung aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Dieses Urteil hat der BGH nun aufgehoben.

Nach den Feststellungen des Landgerichts leitete der Angeklagte als Strafrichter eine Hauptverhandlung. In seiner Funktion als Richter wirkte er drohend auf den damaligen Beschuldigten ein, um diesen zu einem Geständnis zu veranlassen. Außerdem wollte er erreichen, dass der Beschuldigte nach Urteilsverkündung sogleich auf Rechtsmittel verzichtete. Dem Angeklagten war aufgrund eines Sachverständigengutachtens bekannt, dass der damals Beschuldigte wegen einer Persönlichkeitsstörung eine selbstunsichere Person war. Er forderte den Beschuldigten in zunehmend erregter Form auf, ein Geständnis abzulegen. Schließlich unterbrach er unvermittelt die Sitzung, sagte zum damaligen Beschuldigten: "Sie kommen jetzt mit! Ich zeige Ihnen mal, wie Ihre Zukunft aussehen kann.", und begab sich – mit angelegter Robe – mit dem Beschuldigten und einem Wachtmeister in den Keller des Amtsgerichts, wo sich mehrere Gewahrsamszellen befanden. Hier veranlasste der Proberichter den vollständig verunsicherten Beschuldigten, sich in eine Zelle zu begeben, die daraufhin geschlossen wurde. Nach kurzer Zeit wurde die Tür auf Veranlassung des Angeklagten wieder geöffnet. Während dieser Zeit war die Türe von dem Zeugen nicht mehr zu öffnen. Hiernach setzte der Angeklagte die Hauptverhandlung fort, in der der Beschuldigte nunmehr geständig war und verurteilte ihn sodann, wie durch ihn bereits vor der Hauptverhandlung geplant, zu einer Geldstrafe. Der immer noch stark eingeschüchterte Beschuldigte und der Staatsanwalt erklärten Rechtsmittelverzicht.

Der Bundesgerichtshof hat das Urteil insgesamt mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Beschluss des Bundesgerichtshof vom 31. Mai 2012 – 2 StR 610/11

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