Online-Casinos können sich in Deutschland nicht auf Dienstleistungsfreiheit berufen

03.05.2019, Autor: Herr Guido Lenné / Lesedauer ca. 4 Min. (559 mal gelesen)
Anbieter illegaler Online-Casinos berufen sich gerne auf die in der EU geltende Dienstleistungsfreiheit, um ihr Online-Casino auch in Deutschland anbieten zu können. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedoch kürzlich bestätigt, dass eine Lizenz für ein anderes Mitgliedsland der Europäischen Union keine Wirkung auf dem Staatsgebiet der Bundesrepublik entfaltet.

In Deutschland ist die Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten (vgl. § 4 Abs. 4 GlüStV). Und doch findet sich im Internet eine Vielzahl von Online-Casinoangeboten, die vom Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland aus erreichbar sind und sich darüber hinaus gezielt an deutsche Verbraucher richten (Domainendung „.de“, Internetseite auf deutscher Sprache usw.).

Dabei geben die Anbieter stets an, lizenziert und legal zu sein. Diese Online-Casinos verfügen für gewöhnlich über eine Lizenz zum Betreiben eines Online-Casinos aus den Mitgliedstaaten Malta oder Gibraltar. Da in der Europäischen Union gemäß Art. 56 ff. AEUV Dienstleistungsfreiheit gilt, meinen die Betreiber, ihr Online-Casino auch in Deutschland anbieten zu können. Darüber hinaus verstoße das in Deutschland geltende Glücksspielrecht ihrer Meinung nach gegen besagte Dienstleistungsfreiheit in der EU.

Laut Bundesverwaltungsgericht kein Verstoß

Unter Beachtung der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs hat das Bundesverwaltungsgericht dieser Rechtsauffassung eine klare Absage erteilt.

Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts baut auf folgenden Leitsätzen auf:

„1. Das Verbot, Poker- und Casinospiele im Internet zu veranstalten und zu vermitteln, ist mit Unions- und Verfassungsrecht weiterhin vereinbar.

2. Es ist mit Unions- und Verfassungsrecht vereinbar, dem Anbieter von Online-Sportwetten im glücksspielrechtlichen Untersagungsverfahren das Fehlen der erforderlichen Erlaubnis entgegenzuhalten.“ (BVerwG Urt. v. 26.10.2017 - 8 C 18.16, Hervorhebung durch Kanzlei)

Das Bundesverwaltungsgericht bezieht sich dabei auf eine Vielzahl von Gerichtsentscheidungen, die von den Online-Casinoanbietern immer wieder für sich ins Feld geführt werden. In seinem Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht jedoch klargestellt, dass der Schutz wichtiger Allgemeinwohlinteressen der Dienstleistungsfreiheit aus Art. 56 AEUV vorgeht.

„b) Das Internetverbot des § 4 Abs. 4 und 5 GlüStV 2012 kann der Klägerin entgegengehalten werden. Es steht mit Verfassungs- und Unionsrecht im Einklang. Wie der Senat (BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1), das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338) und der Europäische Gerichtshof (EuGH, Urteile vom 8. September 2009 - C-42/07 [ECLI:EU:C:2009:519], Liga Portuguesa -, vom 8. September 2010 - C-316/07 [ECLI:EU:C:2010:504], Markus Stoß - und - C-46/08 [ECLI:EU:C:2010:505], Carmen Media - und vom 30. Juni 2011 - C-212/08 [ECLI:EU:C:2011:437], Zeturf) zum damaligen § 4 Abs. 4 GlüStV 2008 bereits entschieden haben, ist ein generelles Internetverbot für öffentliches Glücksspiel mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit und dem allgemeinen Gleichheitssatz sowie mit Unionsrecht vereinbar. Dass nunmehr nach § 4 Abs. 5 des geänderten Glücksspielstaatsvertrages der Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sport- bzw. Pferdewetten (vgl. § 27 Abs. 2 GlüStV 2012) im Internet erlaubt werden können, führt zu keiner anderen rechtlichen Bewertung.“ (BVerwG, Urteil vom 26.10.2017 - 8 C 14.16, Hervorhebung durch Kanzlei)

Damit hat das Bundesverwaltungsgericht unmissverständlich klargestellt, dass es den Glücksspielanbietern nicht gestattet ist, ihre Online-Casinos auf dem Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten. Auch wenn die Casinoanbieter eine Lizenz für einen anderen Mitgliedstaat der EU besitzen und ihr Online-Casino dort legal anbieten dürfen, ändert das nichts.

Umweg über Sportwetten funktioniert auch nicht

Wenn ein Online-Casinoanbieter zusätzlich Sportwetten anbietet, hilft ihm das auch nicht weiter. Diese Online-Sportwetten können auch nicht aus Gründen der Verhältnismäßigkeit geduldet werden. Das würde nur dann zutreffen, wenn keine weitere Prüfung erforderlich und somit offensichtlich wäre, dass dem jeweiligen Anbieter eine Lizenz erteilt werden müsste:

„Eine formell illegale, aber unter Erlaubnisvorbehalt stehende Tätigkeit ist aus Gründen der Verhältnismäßigkeit allenfalls dann zu dulden, wenn sie offensichtlich, d. h. ohne weitere Prüfung erkennbar, die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen erfüllt, sodass die Untersagung nicht mehr zur Gefahrenabwehr erforderlich ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 und Beschluss vom 25. Februar 2015 - 8 B 36.14 - ZfWG 2015, 227). Wenn der betroffene Glücksspielanbieter – wie hier – weder einen Erlaubnisantrag gestellt, noch unabhängig davon aussagekräftige Unterlagen vorgelegt hat, aus denen sich ergibt, dass die Erlaubnisvoraussetzungen erfüllt sind, ist nicht ohne weitere Prüfung erkennbar, dass dessen Angebot zu erlauben wäre.“ (BVerwG, Urteil vom 26.10.2017 - 8 C 18.16)

Tatsächlich ist bei den uns bekannten Online-Sportwettenanbietern bereits auf den ersten Blick – also ohne jede weitere Prüfung – ersichtlich, dass keine Erlaubnis erteilt werden kann. Eine solche Erlaubnis zum Veranstalten von Online-Sportwetten darf nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 GlüStV vorliegen. So dürfen Wetten und Lotterien weder über dieselbe Internetdomain angeboten werden, noch auf andere Glücksspiele (Online-Casinos) verweisen oder verlinken.

Uns ist bislang jedoch kein Online-Sportwettenanbieter bekannt, der nicht wenigstens auf sein eigenes Online-Casino verweist und es auf der Sportwettenseite verlinkt hat.

Verbraucher können daher auch weiterhin ihre gezahlten Einsätze mit unserer Hilfe zurückfordern. Wenn auch Sie Zahlungen an illegale Online-Casinos vorgenommen haben, vereinbaren Sie einfach einen Termin für eine kostenlose Erstberatung. Wir helfen Ihnen gerne dabei, Ihre Einsätze zurückzubekommen.

Autor dieses Rechtstipps

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