Erst Ausgesperrt dann Abgezockt: Über den Umgang mit Schlüsseldiensten
23.01.2017, Autor: Herr Guido Lenné / Lesedauer ca. 3 Min. (266 mal gelesen)
Wucher oder nicht: Das Oberlandesgericht Köln hatte im November 2016 über den Inhaber eines Schlüsseldienstes zu befinden, der für das sekundenschnelle Öffnen einer Tür rund 320,- EUR verlangte.
Das Oberlandesgericht Köln hatte im November 2016 über den Inhaber eines Schlüsseldienstes zu befinden, der für das sekundenschnelle Öffnen einer Tür rund 320,- EUR verlangte. Wucher oder nicht? Wie hätten Sie entschieden?
Urteil des Oberlandesgericht (OLG) Köln
Der Inhaber eines Schlüsseldienstes musste sich unlängst vor dem OLG Köln (AZ: 1 RVs 210/16, Urteil vom 22.11.2016) verantworten. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft lautete auf Wucher, strafbar nach § 291 StGB.
Laut Anklage wurde dem Unternehmer vorgeworfen, er habe eine zugeschlagene Tür mittels Einsatz einer Kreditkarte binnen Sekunden geöffnet und dem Kunden danach für diese Leistung 319,51 EUR in Rechnung gestellt. Damit habe er die Zwangslage des Kunden ausgenutzt und sich Vermögensvorteile versprechen lassen, die in einem auffälligen Missverhältnis zur erbrachten Leistung stehen -was einer der vielen Tatbestandsvarianten der Strafnorm entspricht.
Das OLG hat - wie schon die Vorinstanz - offen gelassen, ob die Öffnung der Tür mit 319,51 EUR zu teuer abgerechnet wurde. Auch kann man dem Urteil nicht entnehmen, welcher Preis denn nach Ansicht der Richter angemessen gewesen wäre. Die Straflosigkeit des Angeklagten hat das Gericht stattdessen damit begründet, dass keine Zwangslage vorgelegen habe, die der Unternehmer hätte ausnutzen können. Eine zugeschlagene Tür begründet nach Ansicht der Kölner Richter jedenfalls im Normalfall keine solch „ernste Bedrängnis“, dass dem Schlüsseldienst die Möglichkeit gegeben werde, die Situation auszubeuten.
In der Urteilsbegründung verweist das Gericht auf die zivilrechtliche Ebene des Falls: Es sei zunächst einmal Sache des Kunden, vorher über den Preis zu sprechen und gegebenenfalls einen anderen Schlüsseldienst zu beauftragen. Aber auch sonst sei der Kunde nicht immer verpflichtet, einen überhöhten Preis zu zahlen. Ohne Notlage kein Wucher - Ohne Wucher keine Verurteilung.
Das Urteil aus Verbrauchersicht
Das Urteil des Oberlandesgerichts in Köln gibt Anlass zur Klarstellung, dass der Rechtsbegriff des „Wuchers“ in Deutschland zwei Bedeutungen hat:
In strafrechtlicher Hinsicht soll das Ausnutzen gewisser Notlagen zur „Gewinnmaximierung“ verfolgt und bestraft werden. Es drohen Geldstrafen und sogar Freiheitsstrafen bis zu 10 Jahren Haft. Es geht also um das Bestrafen der sprichwörtlichen „schwarzen Schafe“. Dabei ist eine solche Konstellation auch durchaus denkbar wenn man sich aussperrt und der Schlüsseldienst die Tür nur zu Mondpreisen öffnen will. Eine solche Situation konnte von der Staatsanwaltschaft in dem konkreten Fall aber wohl nicht nachgewiesen werden. Von daher ist (auch) aus Sicht des Verbrauchers das Urteil nicht der Untergang des Rechtstaats.
Das alles sagt aber nichts darüber aus, ob die Rechnung über knapp 320,- EUR von dem Kunden auch bezahlt werden muss:
In zivilrechtlicher Hinsicht gilt nämlich, dass ein wucherisches Rechtsgeschäft nichtig ist, § 138 Abs. 2 BGB. Ist nur der Preis völlig überhöht, ohne dass eine Notlage ausgenutzt wird, ist das Geschäft trotzdem möglicherweise als „sittenwidrig“ einzustufen und ebenfalls nichtig (§ 138 Abs. 1 BGB).
Das alles setzt aber bereits voraus, das ein entsprechender Vertrag über den deutlich überhöhten Preis überhaupt zu Stande gekommen ist. Ist hinsichtlich des Preises nichts geregelt, darf in der Regel der Schlüsseldienst den Preis bestimmen. Dabei ist aber grundsätzlich nur eine ortsübliche und angemessene Vergütung geschuldet, der Gesetzgeber spricht vom „billigen Ermessen“. Deutlich überhöhte Rechnungen aber müssen oft nicht bezahlt werden.
Praxis-Tipp:
Wenn Sie tatsächlich schnell einen Notdienst brauchen - egal ob Sie sich ausgesperrt haben, die Waschmaschine plötzlich defekt ist, oder der Keller unter Wasser steht - bewahren Sie Ruhe und sprechen Sie vorher mit dem Dienstleister über den Preis. Versuchen Sie, wenn möglich, einen Festpreis zu vereinbaren. Vergessen Sie nicht, eine Preisabsprache durch Zeugen oder durch ein schriftliches Angebot beweissicher festzuhalten. Oft sind die obersten Anbieter in den Telefonbüchern oder Suchmaschinen die teuersten.
Sollten Sie ohne - oder trotz - dieser Vorsichtsmaßnahmen von einer hohen Rechnung überrascht werden, brauchen Sie diese nicht widerspruchslos hinzunehmen. Oft lohnt eine Überprüfung durch einen Anwalt - beispielsweise im Rahmen unserer kostenlosen, telefonischen Ersteinschätzung.
Rufen Sie einfach an: 0214 - 90 98 400
Das Oberlandesgericht Köln hatte im November 2016 über den Inhaber eines Schlüsseldienstes zu befinden, der für das sekundenschnelle Öffnen einer Tür rund 320,- EUR verlangte. Wucher oder nicht? Wie hätten Sie entschieden?
Urteil des Oberlandesgericht (OLG) Köln
Der Inhaber eines Schlüsseldienstes musste sich unlängst vor dem OLG Köln (AZ: 1 RVs 210/16, Urteil vom 22.11.2016) verantworten. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft lautete auf Wucher, strafbar nach § 291 StGB.
Laut Anklage wurde dem Unternehmer vorgeworfen, er habe eine zugeschlagene Tür mittels Einsatz einer Kreditkarte binnen Sekunden geöffnet und dem Kunden danach für diese Leistung 319,51 EUR in Rechnung gestellt. Damit habe er die Zwangslage des Kunden ausgenutzt und sich Vermögensvorteile versprechen lassen, die in einem auffälligen Missverhältnis zur erbrachten Leistung stehen -was einer der vielen Tatbestandsvarianten der Strafnorm entspricht.
Das OLG hat - wie schon die Vorinstanz - offen gelassen, ob die Öffnung der Tür mit 319,51 EUR zu teuer abgerechnet wurde. Auch kann man dem Urteil nicht entnehmen, welcher Preis denn nach Ansicht der Richter angemessen gewesen wäre. Die Straflosigkeit des Angeklagten hat das Gericht stattdessen damit begründet, dass keine Zwangslage vorgelegen habe, die der Unternehmer hätte ausnutzen können. Eine zugeschlagene Tür begründet nach Ansicht der Kölner Richter jedenfalls im Normalfall keine solch „ernste Bedrängnis“, dass dem Schlüsseldienst die Möglichkeit gegeben werde, die Situation auszubeuten.
In der Urteilsbegründung verweist das Gericht auf die zivilrechtliche Ebene des Falls: Es sei zunächst einmal Sache des Kunden, vorher über den Preis zu sprechen und gegebenenfalls einen anderen Schlüsseldienst zu beauftragen. Aber auch sonst sei der Kunde nicht immer verpflichtet, einen überhöhten Preis zu zahlen. Ohne Notlage kein Wucher - Ohne Wucher keine Verurteilung.
Das Urteil aus Verbrauchersicht
Das Urteil des Oberlandesgerichts in Köln gibt Anlass zur Klarstellung, dass der Rechtsbegriff des „Wuchers“ in Deutschland zwei Bedeutungen hat:
In strafrechtlicher Hinsicht soll das Ausnutzen gewisser Notlagen zur „Gewinnmaximierung“ verfolgt und bestraft werden. Es drohen Geldstrafen und sogar Freiheitsstrafen bis zu 10 Jahren Haft. Es geht also um das Bestrafen der sprichwörtlichen „schwarzen Schafe“. Dabei ist eine solche Konstellation auch durchaus denkbar wenn man sich aussperrt und der Schlüsseldienst die Tür nur zu Mondpreisen öffnen will. Eine solche Situation konnte von der Staatsanwaltschaft in dem konkreten Fall aber wohl nicht nachgewiesen werden. Von daher ist (auch) aus Sicht des Verbrauchers das Urteil nicht der Untergang des Rechtstaats.
Das alles sagt aber nichts darüber aus, ob die Rechnung über knapp 320,- EUR von dem Kunden auch bezahlt werden muss:
In zivilrechtlicher Hinsicht gilt nämlich, dass ein wucherisches Rechtsgeschäft nichtig ist, § 138 Abs. 2 BGB. Ist nur der Preis völlig überhöht, ohne dass eine Notlage ausgenutzt wird, ist das Geschäft trotzdem möglicherweise als „sittenwidrig“ einzustufen und ebenfalls nichtig (§ 138 Abs. 1 BGB).
Das alles setzt aber bereits voraus, das ein entsprechender Vertrag über den deutlich überhöhten Preis überhaupt zu Stande gekommen ist. Ist hinsichtlich des Preises nichts geregelt, darf in der Regel der Schlüsseldienst den Preis bestimmen. Dabei ist aber grundsätzlich nur eine ortsübliche und angemessene Vergütung geschuldet, der Gesetzgeber spricht vom „billigen Ermessen“. Deutlich überhöhte Rechnungen aber müssen oft nicht bezahlt werden.
Praxis-Tipp:
Wenn Sie tatsächlich schnell einen Notdienst brauchen - egal ob Sie sich ausgesperrt haben, die Waschmaschine plötzlich defekt ist, oder der Keller unter Wasser steht - bewahren Sie Ruhe und sprechen Sie vorher mit dem Dienstleister über den Preis. Versuchen Sie, wenn möglich, einen Festpreis zu vereinbaren. Vergessen Sie nicht, eine Preisabsprache durch Zeugen oder durch ein schriftliches Angebot beweissicher festzuhalten. Oft sind die obersten Anbieter in den Telefonbüchern oder Suchmaschinen die teuersten.
Sollten Sie ohne - oder trotz - dieser Vorsichtsmaßnahmen von einer hohen Rechnung überrascht werden, brauchen Sie diese nicht widerspruchslos hinzunehmen. Oft lohnt eine Überprüfung durch einen Anwalt - beispielsweise im Rahmen unserer kostenlosen, telefonischen Ersteinschätzung.
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