Der Nießbrauch: Rechtsanwalt erklärt Steuersparmodell!

18.08.2023, Autor: Herr Hartmut Göddecke / Lesedauer ca. 5 Min. (108 mal gelesen)
Wer eine Immobilie an seine Nachkommen vererbt, ist vielleicht schon über die Option des Nießbrauchrechts gestolpert. Wie dieses funktioniert und warum man damit schnell fünfstellige Summen an Steuern sparen kann, erklärt Rechtsanwalt Hartmut Göddecke in diesem Beitrag.

Wer seinen Kindern oder Enkelkindern eine Immobilie oder ein Stück Land übertragen will, aber weiterhin die Mieten und Pachten für den eigenen Lebensunterhalt nutzen möchte, hat wahrscheinlich bereits vom Nießbrauch gehört.

Falls Sie in einer ähnlichen Situation sind und Immobilien übertragen möchten, jedoch noch nicht ganz mit dem Thema vertraut sind, dann ist unsere Videoreihe genau das Richtige für Sie.

Da Immobilien einen beträchtlichen Wert haben, ist es zunächst ratsam, darüber nachzudenken, wie man sein Vermögen insgesamt solide strukturiert. Dadurch vermeidet man nicht nur hohe Steuern, wenn es darum geht, diese Werte auf nachfolgende Generationen zu übertragen, sondern auch potenzielle Auseinandersetzungen unter den Hinterbliebenen. Zudem behält man die Liquidität im Griff, was ein entscheidender Punkt ist, auf den ich später ausführlicher eingehen werde.

Natürlich gibt es für selbstbewohnte Häuser und Wohnungen, die auf Ehegatten, Lebenspartner oder Kinder übertragen werden, spezielle erbschaftsteuerliche Sonderregelungen. Diese Regelungen sollen sicherstellen, dass das Familienheim nach dem Tod steuerfrei übertragen werden kann, solange der Partner, die Partnerin oder die Nachkommen weiterhin darin wohnen. Wir haben zu diesem Thema einen Blogbeitrag auf unserer Internetseite verfasst, den ich in den Shownotes verlinkt habe. Oft reicht dieses gesetzliche Modell jedoch nicht aus, um Immobilien steuergünstig zu übertragen.

Der Grund dafür liegt in der – wenn man das so sagen kann – Entwicklung der Immobilienpreise in den vergangenen Jahren, die teilweise astronomische Höhen erreicht hat. Währenddessen sind die gesetzlich festgelegten Freibeträge seit vielen Jahren unverändert geblieben. So hat sich der Preis für Grundvermögen in den vergangenen Jahren teilweise um das Dreifache erhöht. Vor etwa zehn Jahren wechselte eine Immobilie in Großstädten beispielsweise für 300.000,00 oder 400.000,00 Euro den Eigentümer. Heutzutage sind Preise von über einer Million Euro keine Seltenheit, wenn jemand ein Einfamilienhaus erwerben möchte.

Nun möchten wir uns beispielhaft mit einem familiären "Immobiliendeal" befassen, den unsere Kanzlei vor einiger Zeit betreute.

Im Jahr 2013 betrug der Wert der Immobilie etwa 750.000,00 Euro – also rund drei Viertel einer Million Euro. Sie können erahnen: Inzwischen ist der Wert dieses Hauses deutlich gestiegen. Wie viel genau, werde ich gleich verraten, wenn es um die Steuerersparnis geht.

Die Absicht war, dieses Mehrfamilienhaus von einem Elternteil auf das Kind zu übertragen.

Daraus hätte sich eine Schenkungsteuer von fast 53.000,00 Euro ergeben.

DOCH:

Hier kommt nun das "Steuersparmodell" Nießbrauchrecht ins Spiel.

Zusammengefasst bedeutet dies, dass im Jahr 2013 das Kind das Eigentum an der Immobilie erhielt. Der übertragende Elternteil konnte weiterhin unbesorgt in der Immobilie wohnen. Die Mieteinnahmen aus den anderen Wohnungen wurden nach wie vor vom Elternteil von den dort wohnenden Mietern erhalten. Dies hatte zur Folge, dass der Lebensunterhalt des Elternteils langfristig gesichert war.

Steuerlich gesehen wurde das Haus jedoch günstiger bewertet: Wichtig ist hierbei zu verstehen, dass es praktisch zwei Werte für das Haus gibt. Einmal den üblichen Marktwert ohne das Nießbrauchrecht und zum anderen den steuerlichen Wert, der das Nießbrauchrecht berücksichtigt. Wie Sie gleich sehen werden, besitzt der Nießbrauch – zumindest aus steuerlicher Sicht – einen eigenständigen Wert. Dieser Wert kann unter steuerlichen Gesichtspunkten vom Marktwert abgezogen werden.

Gemäß den steuerlichen Vorschriften betrug der Wert des Nießbrauchrechts damals rund 500.000,00 Euro – also eine halbe Million Euro. Dieser Wert war auch für das Finanzamt verbindlich. Der Wert der Immobilie wurde um diesen Betrag von etwa einer halben Million Euro reduziert, um die Grundlage für die Berechnung der Erbschafts- und Schenkungsteuer zu ermitteln.

Eine einfache Rechnung verdeutlicht dies: Der Marktwert der Immobilie von 750.000,00 Euro abzüglich des Wertes des Nießbrauchrechts von 500.000,00 Euro ergibt für das Finanzamt einen Wert von 250.000,00 Euro. Somit wurde der Wert auf ein Drittel reduziert, was einen erheblichen steuerlichen Vorteil für unsere Mandantschaft darstellt. Anstelle von Erbschafts- / Schenkungsteuer war das Kind nicht verpflichtet, Steuern zu zahlen. Dank des Nießbrauchs konnte es von den Freibeträgen in Höhe von 400.000,00 Euro profitieren, wodurch die Ersparnis im Jahr 2013 insgesamt fast 53.000,00 Euro betrug. Das war weitaus mehr als die Kosten für den Notar, das Grundbuch und den Berater. Die tatsächliche Ersparnis belief sich damals für unseren Mandanten auf mehr als 45.000,00 Euro.

Das ist nur der erste Aspekt des Vorteils, den das Nießbrauchrecht mit sich bringt. Denn – wie bereits erwähnt: Der Wert des Mehrfamilienhauses ist in den letzten 10 Jahren seit 2013 auf 1.500.000,00 Euro gestiegen. Wenn das Haus heute beispielsweise vererbt werden würde, müsste eine Erbschaftsteuer von 209.000,00 Euro gezahlt werden.

Die Gesamtersparnis beträgt daher allein durch das Nießbrauchrecht 209.000,00 Euro.

Ich habe Ihnen zu Beginn versprochen, auf das Thema Geld – genauer gesagt Liquidität – einzugehen. Denn wenn es um Immobilien geht und beim Übertragen auf die nächste Generation Steuern anfallen, stellt sich die Frage: Woher soll das Geld für die Schenkungs- oder Erbschaftsteuer kommen?

Diese Frage stellt sich automatisch, da eine Immobilie zwar einen beträchtlichen Wert hat, jedoch nicht sofort Geld zur Verfügung stellt, um Steuern zu begleichen. Natürlich gibt es für spezielle Einzelfälle die Möglichkeit, die Steuerzahlungen zu verschieben, aber das ist generell nicht möglich. Erinnern wir uns an unser Beispiel, bei dem immerhin 209.000,00 Euro an das Finanzamt gezahlt werden müssten.

Die einzige Option bleibt, einen Bankkredit aufzunehmen. Dies kann jedoch problematisch sein, insbesondere wenn minderjährige Kinder beteiligt sind. Merken Sie sich also: Allein schon aufgrund der Tatsache, dass Immobilien wertvoll sind, aber keine Liquidität für Steuerzahlungen bereitstellen, ist es äußerst wichtig zu handeln. Man sollte vermeiden, dass die Immobilie entweder mit einer großen Schuldenlast belastet wird oder gar verkauft werden muss, nur um die Steuern zu begleichen.

Es zeigt sich also, wenn wir das Gesamtbild betrachten: Man kommt nicht darum herum, sich mit der Möglichkeit der Wertreduzierung durch ein Nießbrauchrecht zu beschäftigen. Dies gilt insbesondere dann, wenn man das Haus oder die Wohnung komplett vor der Steuer schützen möchte.

Daher empfehlen wir oft, wenn es um die sichere und steuergünstige Übertragung von Immobilien oder anderen Werten auf die nächste Generation geht, ein Nießbrauchrecht zu vereinbaren. Dies ist zwar nicht die einzige Lösung für vorteilhafte Nachlassregelungen. Manchmal gibt es auch andere Möglichkeiten, die genutzt werden können. An diesem Punkt setzt unsere Beratung individuell an.

Das Wichtigste ist, dass Sie auf jeden Fall darüber nachdenken, wie Sie Ihre Chancen bestmöglich und völlig legal nutzen können.

Wenn Sie mehr darüber erfahren möchten, wie sich das Nießbrauchrecht für Sie lohnt, können Sie sich gerne von uns beraten lassen. Falls Sie zunächst mehr über die steuerlichen und rechtlichen Hintergründe erfahren möchten: Sehen Sie sich gerne unser Video zum Nießbrauchrecht im Bereich Steuerrecht und Erbrecht an.

Mit freundlichen Grüßen,

Hartmut Göddecke

Autor dieses Rechtstipps

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GÖDDECKE Rechtsanwälte

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