Rechtsschutzversicherung: Nicht alle passen unter einen Hut

22.07.2008, Autor: Herr Hartmut Göddecke / Lesedauer ca. 2 Min. (2663 mal gelesen)
Um Kosten auf dem Rücken von Versicherungsnehmern zu sparen, fordern Rechtsschutzversicherer vielfach, dass Anleger in gerichtliche Massenverfahren getrieben werden sollen. Dabei vergessen sie, dass es für diese Art von Gerichtsverfahren im Regelfall keine ausreichende gesetzliche Grundlage gibt und erhebliche Nachteile in Kauf zu nehmen sind. Nicht alle Interesse einer Anlegergemeinschaft lassen sich unter einem Hut vereinen, befanden die Richter aus Coburg.

In zwei Urteilen formuliert das Landgericht Coburg deutlich, dass zwar viele Fälle von Anlegerstreitigkeiten sich sehr ähneln mögen, jedoch – so die Richter wörtlich: sie sind nicht identisch. Außerdem bringt ein Sammelverfahren eine Reihe von Nachteilen mit sich:

•in einem Massenverfahren wird im Regelfall nicht der sicherste Weg beschritten; die Teilnehmer kennen sich untereinander vorher meistens nicht

•Sammelklagen sind oftmals sehr unübersichtlich und damit wächst die Gefahr, dass Richter die Verfahren in mehrere Einzelverfahren splitten

•Anleger müssen in vielen Fällen bei solchen Massenverfahren einen für sie ungünstigen Gerichtsort in Kauf nehmen

•derartige Massenprozesse dauern normalerweise wesentlich länger als individuelle Rechtsverfahren; das kann sich z. B. bei Todes- und Insolvenzfällen sogar über viele Jahre hinziehen, bis ein endgültiges Urteil gesprochen werden kann

•viele persönliche Einzelheiten müssen offen gelegt werden, so dass alle anderen Prozessbeteiligten Details erfahren, wie z. B. wirtschaftliche Umstände (Vermögen und Schulden), steuerliche Angaben und persönliche Vorerfahren mit Kapitalanlagen. Dieses sind Punkte, die nicht jeder Investor vor anderen Anlegern offenbaren möchte

•auch müssen sämtliche einzelne Umstände, die zur Kapitalanlage geführt haben, genannt werden; die Richter ermitteln daraus unter Umständen ein Mitverschulden

•die Interessenlagen der Zwangsgemeinschaft sind zumeist sehr unterschiedlich. Während einige an einem raschen Ergebnis interessiert sind und deshalb bereit sind, Vergleiche einzugehen, wollen andere ohne Rücksicht auf andere für ihre Rechte eintreten, selbst wenn es durch mehrere Instanzen gehen sollte und Jahre dauert

Die Liste von Nachteilen solcher Sammelverfahren kann beliebig fortgesetzt werden. Das müssen Anleger nicht in Kauf nehmen, wenn sie eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen haben.

Die Entscheidung bringt es auf den Punkt: Der Versicherungsvertrag soll dem Anleger den effektivsten, schnellsten und sichersten Weg zu seinem Prozessziel ermöglichen. Das ist gefährdet, wenn auf den langsamten Teilnehmer in einem Prozess stets gewartet werden muss.

www.kapital-rechtinfo.de

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