Gefälschter Impfausweis – Strafbarkeit?

18.11.2021, Autor: Herr Carsten Herrle / Lesedauer ca. 2 Min. (155 mal gelesen)
Das Vorlegen eines gefälschten Impfpasses in einer Apotheke um ein digitales Impfzertifikat zu erhalten ist nicht nach dem StGB und IfSG strafbar.

Sachverhalt:

Der Beschuldigte hat einen Impfausweis bei einer Apotheke vorgelegt, damit ihm ein digitales Impfzertifikat ausgestellt wird. Allerdings waren die Angaben im Impfpass unrichtig, da der Beschuldigte nicht gegen Covid-19 geimpft wurde. Dem Apotheker ist die Unrichtigkeit der Angaben aufgefallen und meldete dies der Ermittlungsbehörde. Der Impfpass wurde infolgedessen beschlagnahmt. Die Polizei hat daraufhin die gerichtliche Bestätigung für die Beschlagnahme beantragt.

Beschwerdeentscheidung:

Dem Landgericht Osnabrück wurde eine Beschwerde der Staatsanwaltschaft Osnabrück vorgelegt. Das Amtsgericht Osnabrück hat zuvor eine Strafbarkeit des Beschuldigten verneint und somit die gerichtliche Bestätigung der Beschlagnahme abgelehnt.

Die 3. Große Strafkammer des Landgerichts Osnabrück hat die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Osnabrück zurückgewiesen und eine Strafbarkeit des Beschuldigten ebenfalls ausgeschlossen (Beschl. v. 26.10. 2021, Az. 3 Qs 38/2).

Fälschung von Gesundheitszeugnissen?

Das LG Osnabrück befasste sich insbesondere mit den §§ 277, 279 StGB, in denen die Strafbarkeit von gefälschten Gesundheitszeugnissen statuiert ist. Strafbar macht sich nach den Vorschriften, wer einer Behörde oder eine Versicherungsgesellschaft ein gefälschtes Gesundheitszeugnis vorlegt, um diese über seinen Gesundheitszustand zu täuschen.

Der Impfpass stellt ein Gesundheitszeugnis nach § 277 StGB dar, jedoch hat der Beschuldigte den Impfpass einer Apotheke vorgelegt. Eine Apotheke stellt keine Behörde im Sinne des StGB nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 c StGB dar, sondern ein privates Unternehmen.

Folglich entfällt eine Strafbarkeit nach §§ 277, 279 StGB.

Urkundenfälschung?

Es wurde geprüft, ob sich der Beschuldigte der Urkundenfälschung gemäß § 267 StGB strafbar gemacht hat. Nach Auffassung des LG ist jedoch ein Rückgriff auf die allgemeinen Regelungen, hier die Urkundenfälschung, nicht möglich. Die Vorschriften §§ 277, 279 StGB sind spezieller. Zudem stellt die Fälschung von Gesundheitszeugnissen eine Privilegierung mit einer deutlich niedrigeren Strafandrohung als die Urkundenfälschung dar. Dementsprechend ist ein Rückgriff ausgeschlossen.

Weitere Straftatbestände?

Weiterhin wurde geprüft, ob eine Strafbarkeit nach § 75a Abs. 2 Nr. 1 IfSG möglich ist. Strafbar ist, wenn eine nicht richtige Dokumentation zur Täuschung im Rechtsverkehr genutzt wird. Eine Strafbarkeit ist jedoch ausgeschlossen, da der Tatbestand lediglich durch eine zur Durchführung einer Schutzimpfung berechtigten Person, also insbesondere durch einen Arzt, erfüllt werden kann. Eine Privatperson kann sich folglich nicht nach § 75a Abs. 2 Nr. 1 IfSG strafbar machen.

Folge:

Das Vorlegen eines unrichtigen Impfpasses bei einer Apotheke ist nicht nach dem StGB sowie ebenfalls nicht nach dem IfSG strafbar.

Folglich liegt eine Strafbarkeitslücke vor, die ausschließlich vom Gesetzgeber geschlossen werden darf. Gerichte sind dazu nicht befugt.

Es ist lediglich eine Sicherstellung von Impfpässen möglich, die eine vollständige Impfung ausweisen, obwohl dies nicht der Wahrheit entspricht. Aufgrund der hohen Ansteckungsgefahr stelle der unrichtige Impfausweis eine gegenwärtige Gefahr für die Allgemeinheit dar, sodass eine polizeiliche Sicherstellung vorgenommen werden kann.

Gesetzesänderung?

Die Unionsfraktion will im Bundestag einen Gesetzesentwurf vorlegen. Strafbar soll die Fälschung von Gesundheitszeugnissen zur Täuschung im Rechtsverkehr sein. Der Gesetzesentwurf setzt somit keine Täuschung einer Behörde voraus. Demnach wäre es strafbar, wenn ein gefälschter Impfpass bei einer Apotheke vorgelegt wird um ein digitales Impfzertifikat zu erhalten.

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